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Vor einigen Tagen begegnete mir ein Lied aus vergangenen Tagen. Die Sängerin heißt Milva und das Lied war einmal die Titelmusik zu einem verfilmten Buch von Marius Johannes Simmel aus dem Jahr 1978.
Wie stark ist der Mensch? Wie stark?
Wie viel Ängste wie viel Druck kann er ertragen?
Ist er überhaupt so stark wie er oft glaubt?
Wer kann das sagen?aus: Hurra, wir leben noch – Sängerin Milva
Meine Mutter ist 83 Jahre alt, hat den 2. Weltkrieg erlebt und hat keine Angst vor dem was sie gerade gesundheitlich bedroht, denn sie gehört ja zu den Risikogruppen. Am Ende ihres Lebens, sagt sie – ich möchte meine Enkelin sehen, sie besuchen. Sterben muss ich sowieso irgendwann und den Zeitpunkt bestimme nicht ich.
Nicht jeder kann mit dieser Aussage gelassen umgehen. Sie provoziert. Das habe ich im Bekanntenkreis erlebt, wenn ich davon erzähle.
Aber genauso ist es. Und genau so sehe ich es auch für mich.
Das heißt aber noch lange nicht, dass ich mich jetzt hinsetze und auf das Ende warte. Oder, dass ich allen Empfehlungen zum Trotz handle. Doch ich möchte auch leben.
Mensch, wir leben doch gut. Also meine Familie, meine Freunde und auch meine Bekannten. Niemand von uns ist obdachlos.
Ja, die nächsten Wochen werden eine Kraftanstrengung. Wir müssen unseren Alltag umstrukturieren. Als Betreuerin einer Schule, weiß ich heute noch nicht, ob ich vielleicht in den nächsten Wochen eine Notgruppe betreuen muss, damit Kinder von sogenannten „Schlüsselpersonen“ (Gesundheitsversorgung, Pflege, Lebensmittelversorgung usw.) versorgt sind. Damit nicht alles zusammenbricht. Ich habe, heute am Sonntag, auch noch keinen blassen Schimmer, wie es finanziell weiter geht, sollte ich nicht arbeiten. Ich bin auch nicht so blind um nicht die negativen Ausmaße in der Wirtschaft zu sehen. Ganze Berufszweige stehen vor dem Abgrund.
Vielleicht gehöre ich aber auch zu den Müttern, die in den nächsten Wochen mit ihrem Kind viel Zeit verbringen werden. Wir werden weder verhungern, noch erfrieren, noch fallen Bomben auf unser Haus. Ich möchte diese Anstrengung nicht herunterspielen, doch ich habe die 90er noch ohne all die technischen Möglichkeiten der Kommunikation erlebt. Es macht mir keine Angst.
Mein Kind, das hat Angst, dass wir sterben. Denn mit der Berichterstattung über den Virus und seine Ausbreitung gehen auch immer die Zahlen der Toten einher. Wir haben darüber gesprochen und werden so oft sie will darüber sprechen.
Dass wir größere Menschenmassen meiden sollen, bedrückt sie. Dass Kinder nicht zu ihren Großeltern sollen, damit diese in Sicherheit sind oder wie sie es ausdrückt“ ich will meine Oma nicht töten“. Sie hat Angst, dass ihr Vater, der seit Jahren mit dem Krebs in sich lebt und kämpft, von ihr den Virus übertragen bekommt. Zum ersten Mal sieht sie es als Vorteil, dass er 200 km entfernt lebt. In der Schule hatte vor ein paar Tagen ein Kind einen allergischen Ausschlag im Gesicht. Die Kinder wollten nichts mit ihm zu tun haben, weil sie dachten es hat das Virus.
Wir müssen die seelische Gesundheit unserer Kinder schützen !!! Nicht nur die körperliche.
Wie wir das machen, bleibt jeder Familie selbst überlassen.
Unsere Kinder haben Angst. Denn sie bekommen so viel mehr mit, als wir denken. Gesprächsfetzen zwischen uns Erwachsenen, untereinander wird sich ausgetauscht, Schlagzeilen in Zeitungen und natürlich im Fernsehen.
Meine Tochter und ich haben uns zusammengesetzt und überlegt, was wir denn in der nächsten Woche gemeinsam machen wollen. Es ist für mich noch nicht vorstellbar, wie es für uns wird. Durch den Hund müssen wir auf jeden Fall nach draußen. Und wenn ich jetzt aus dem Fenster schaue, den blauen Himmel über den Dächern sehe, dann wirkt all das, was ich geschrieben habe und all das vor dem sich die Menschen so fürchten, unwirklich.
Meiner Meinung nach ist die Informationspolitik meines Bundeslandes und meiner Städteregion sehr dürftig ausgefallen, in den letzten Wochen. Erst seit zwei Tagen erreichen uns konkrete Handlungsanweisungen. Viele Fragen bleiben offen. Angst macht mir das Krisenmanagement, dass ich erlebt habe. Und ich frage mich, wie würde es laufen, wenn der Atommeiler Tihange, nur wenige Kilometer von meinem Zuhause entfernt… doch das ist ein ganz anderes Thema.
Ihr Lieben, verzweifelt nicht.
Wie stark ist der Mensch? Wie stark?
In der Not hilft weder Zorn noch Lamentieren
Wer aus lauter Wut verzagt und nichts mehr tut
Der wird verlierenaus: Hurra, wir leben noch – Sängerin Milva
Hier noch einen Blogartikel den ich euch ans Herz legen möchte.
Auch das geht Vorüber vom Zauberweib.
Um deine Kinder zu beruhigen, helfen vieleicht ein paar Zahlen: Am schlimmsten hats ja Italien getroffen, auf die Bevölkerungszahlen umgerechnet. Da sind 0,035% der Menschen infiziert (vgl. China: 0,006%) und 6,81% der Infizierten sind gestorben (China: 3,95%).
In Deutschland sind aktuell 0,006% der Bevölkerung infiziert und davon wiederum 0,2% gestorben. Mir zumindest hilft es, absolute Zahlen in Relation zu sehen. Das macht es für die Betroffenen um nichts besser, aber es hilft zur Klarheit: Weil wir all die Maßnahmen ergreifen (was ich letzte Woche selber noch für übertrieben hielt, gebe ich zu), wird überhaupt nur ein hauchdünner Anteil der Bevölkerung überhaupt infiziert. Und von denen wiederum ist es nur ein winzigkleiner Anteil, der daran stirbt.
Ich finde, deine Mutter hat eine sehr gesunde Einstellung! Vielen Dank fürs Teilen und Verlinken!
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